Wenn aus Ursula Lewkowitz in England Mrs Wainwright geworden war, musste ein Mr Wainwright existieren. Dankbarerweise gab es eine britische Internetplattform, auf der man sich jahrgangsweise durch die Register ziviler Eheschließungen in England arbeiten konnte. Gegen Geld selbstverständlich, doch mindestens musste man nicht, wie bei anderen Geschäftsmodellen mit ähnlichen Datenbanken, gleich ein Abonnement für ein ganzes Jahr abschließen.
Schließlich wurde ich fündig: Lewkowitz, Ursula, heiratete im dritten Quartal 1948 in London Mr Wainwright. Mr Wainwright fand ich im selben Zeitraum unter „W“: Wainwright, Eric W., heiratete im dritten Quartal 1948 in London Miss Lewkowitz. Mehr war dem Register nicht zu entnehmen; ich musste auf die Kopie der Heiratsurkunde warten, die man per Internet anfordern konnte.
Nach der Verwirrung durch die Karteikarte des Internationalen Suchdienstes, auf der „von Berlin dep.“ stand, war nun sicher, dass Ursula überlebt hatte und 1948 nachweislich in den Stand der Ehe getreten war. Die ITS-Karte enthielt entweder eine Fehlinformation oder Ursula war es gelungen, sich einem Deportationsbefehl zu entziehen, der in den Akten bereits verzeichnet war. Möglicherweise gehörte sie aber auch zu den wenigen Fällen, die von einer Deportation zurückgekehrt waren und die Lager überlebt hatten.
Noch wichtiger als das Rätsel der Karteikarte war die Frage nach dem englischen Ehemann. Wer war Eric W. Wainwright? Und an diese Frage schloß sich nahtlos eine zweite, noch drängendere an: Hatten Eric und Ursula Kinder, hatte Peter womöglich englische Geschwister?

Die Eintragung der Heirat im Distrikt St. Pancras kam zwei Wochen später per Post. Eric William Wainwright, Sohn von Eric Foster Wainwright, war 32 Jahre alt und damit vier Jahre älter als Ursula, geschieden und von Beruf Journalist. Ursula war verzeichnet als ledig und Tochter des verstorbenen Simon Lewkowitz, „merchant“ (Kaufmann). Ein weiterer Hinweis darauf, dass Ihr Vater schon einige Jahre nicht mehr am Leben war. Am 14. August 1948 traten die beiden vor den Standesbeamten, um den Bund fürs Leben zu schließen.
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